26.01.2011

Die Schneide macht den Unterschied

«Die Schweizer Werkzeughersteller verfügen über ein hohes Innovationspotential», hob René Näf (Vize Direktor Urma AG) während seiner Eröffnungsrede des 9. Swissmem Zerspanungsseminar hervor. Über 350 Besucher informierten sich über die neusten Schweizer Entwicklungen. Thematisch war es anspruchsvoll, aber immer mit Praxisbezug und mit Fokus auf die Erhöhung der Produktivität. Das Swissmem Zerspanungsseminar zeigte auf, das die Werkzeugschneide nicht selten den kleinen Unterschied ausmachen kann.

Artikel: SMM

Eine besondere Sichtweise – und zwar aus der Perspektive des Werkstück-Werkstoffes – hatte Johann Mayerhofer (Abteilungsleiter Technologie Tooling) von der Böhler Edelstahl GmbH, denn: Im Fokus stand der Werkstoff der zerspant werden soll. Er zeigte auf, das im zu bearbeitenden Werkstoff Optimierungspotentiale stecken. Thematisiert wurde der Einfluss von Legierung, Herstelltechnologie und Gefüge auf die Zerspanbarkeit von Formstählen. Am Beispiel von vorvergüteten korrosionsbeständigen Rahmenstählen zeigte J. Mayerhofer auf, welche Unterschiede sich ergeben können, wenn die Mikrostruktur optimiert wird. Oft verwendet man schwefelhaltige korrosionsbeständige Stähle mit 1000 MPa Zugfestigkeit. (Norm: X33 CrS17): Das Mikrogefüge ist ein klassisches Kohlenstoffmartensit. Der Schwefelanteil bildet Sulfide, die die Zerspanbarkeit fördern. Sie wirken als Spanbrecher und ihnen wird eine Schmierwirkung zugesprochen. Böhler 'bietet' eine weitere Phase mit Ferrit an, das als zusätzlicher Spanbrecher im Gefüge agiert. Die Zerspankräfte werden kleiner. Dadurch können die Kosten zum Teil erheblich verringert werden, weil das Zeitspanvolumen gesteigert werden kann, bei sonst gleichen Bedingungen.

Vom Nutenfräsen bis zum Gewinden
Im Bereich der Zerspanwerkzeuge mit geometrisch bestimmter Schneide gab es Neues aus den Sektoren Drehen, Fräsen, Feinbohren und Gewinden zu berichten. Nutenfräsen oder Sägen von schwer zerspanbaren Metallen war Thema von Martin Wyrsch (Produkt und Area Manager, Alesa AG). Anhand zweier Beispiele wurde deutlich, wie die Produktivität erheblich gesteigert werden kann, näheres hierzu lesen Sie im Beitrag auf Seite 92. Eduard Lysser (Produktmanager Zerspanungswerkzeuge, Diametal AG) hob in seinem Referat im Drehwerkzeugbereich (siehe Beitrag S. 89) den Transfer-Know-how zwischen Anwender und Werkzeughersteller hervor. Die neu entwickelte Werkzeugschneide erreichte die doppelte Standzeit gegenüber dem bisherigen Werkzeug.

Ein Technologiesprung beim Geweindebohren wurde von Pascal Forrer (Verkaufsleiter Schweiz, DC Swiss SA) vorgestellt. Dank einer spezifischen Schneidgeometrie werden die Späne beim Gewindebohren 'kurz gebrochen' und können so leichter aus der Gewindebohrung abgeführt werden. Die Prozesssicherheit des Gewindebohrens steigt so erheblich.

Welche Vorteile (u.a. Schwingunsgverminderung) sich durch unterschiedliche Drallwinkel bei Schaftfräsern ergeben machte Nicolas Vernier (Verkaufsleiter Dixi Polytool) deutlich. Dank dieser Technologie kann sowohl die Produktivität als auch die Qualität und Prozesssicherheit erhöht werden, mehr hierzu im Dossier auf S. 100.

Im Bereich der Fein-Bohrungen ist die Urma AG ein Spezialist. Mit ihrem neusten digital ausgerüsteten Feinbohrköpfen wird das Feineinstellen erheblich erleichtert, 
das hob Urs W. Berner (Direktor, Urma AG) hervor und ist im Detail auf S. 98 nachzulesen.

Ein Spezialgebiet, die Zerspanung von CFK war Thema des Vortrages von Dr. Hans Rechberger (Leiter Material und Oberflächentechnologie, Fraisa SA). Nicht selten sind es strategisch wichtige und hochpreisige Werkstücke, bei denen Ausschuss hohe Folgekosten nach sich ziehen kann. Dr. H. Rechberger ging auf die Besonderheiten beim Bearbeiten von CFK ein. Fazit: ein und derselbe Fertigungsprozess kann bei demselben CFK-Bauteil zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führen. Der Grund liegt oft in der Inhomogenität (z.B. Faserverlauf) des Werkstoffes begründet.

Das aber selbst der beste Fräser schnell verschleisst, wenn er nicht optimal gespannt wird, machte schliesslich Martin Brönnimann (Leiter Produktentwicklung, Regofix AG) deutlich. Auf Seite 102 ist nachzulesen, welche Anforderungen die moderne Fertigung an die Werkzeugspanntechnik hat.

Beschichtungen optimieren Zerspanung
Gleich drei Unternehmen zeigten im Bereich der Beschichtungen ihre Kompetenzen auf. Dr. Wolfgang Kalss (Manager Cutting Tools, OC Oerlikon Balzers) fokussierte seinen Vortrag auf die Titanbearbeitung. Hier kommt wegen der hohen Wärmeentwicklung bei der Spanbildung der Beschichtung eine besondere Rolle zu (siehe Beitrag auf S. 96). Darüber hinaus zeigte Dr. Eckard Voss (Eifeler Werkzeuge GmbH) auf, welche Vorteile glatte PVD-Arc-Beschichtungen bringen können. Abgerundet wurde das Beschichtungsthema von Hristo Strakov (Produktmanager CVD, Ionbond AG) mit seinem Vortrag über strukturmodifizierte CVD-Beschichtungen mit dotierten Metall- und Nichtmetallelementen, die in Verbindung mit dem Substrat ein optimales Werkzeug ergeben können.

Schleiftechnologie mehrfach vertreten
Schliesslich war auch die Schleiftechnologie in diesem Jahr gut vertreten. Vom Schleifen keramischer Werkstoffe (Walter Graf, Chief Marketing Officer, Winterthur Technologie Group) über das Thema Feinschleifen aus den Bereichen Uhren-, Mikro- und Medizintechnik (Ewald Krauss, Marketingmanager, sia Abrasives Industries AG) bis hin zum optimalen Kühlschmierstoff (KSS). KSS spielen beim Schleifen nämlich eine entscheidende Rolle, wie Rico Pollak (Blaser Swisslube) hervorhob. Dessen Vortrag wird in Form eines hoch interesanten Interviews in SMM 4/2011 im Dossier Schleiftechnik veröffentlicht.

Spindeltechnologie vom Feinsten
Den hervorragenden Abschlussvortrag hielt schliesslich Dr. Tobias Moser (Leiter Technik, Mitglied der Geschäftsleitung, Fischer AG Präzisionsspindeln). Er zeigte auf, das das Zusammenspiel zwischen Maschine, Spindel und Werkzeug stimmen muss. Erst dann kann es zu einem optimalen Eregebnis am Werkstück kommen. Der direkt anschliessende Beitrag (S. 86) zeigt dies eindrücklich auf.