17.10.2019

Nationalratswahlen: «Die Stimme der Industrie fehlt»

Artikel: SMM

Die Nationalratswahlen stehen vor der Tür, genauer am 20. Oktober 2019.

Mit Daniel Arn (Christen AG), Stefan Brupbacher (Swissmem), Yannick Berner (Urma AG) und Pascal Streiff (Swissmem) bewerben sich vier Industrievertreter für den Nationalrat, die eng mit dem Werkplatz Schweiz verbunden sind. Eine stärkere Interessenvertretung der Industrie im Nationalrat wäre für die zukünftige Entwicklung des Werkplatzes Schweiz sicher förderlich.

SMM: Warum kandidieren Sie für den Nationalrat, was ist Ihre Motivation?

Daniel Arn (Christen AG): Um mich noch konsequenter für den Werkplatz Schweiz einsetzen zu können, muss ich aus dem Nationalrat politisieren können. Als Kantonsrat und Verbandsmensch stosse ich immer an Grenzen, welche nur im Nationalrat verschoben werden können.

Yannick Berner (Urma AG): Ich bin überzeugt, dass die Wirtschaft, im Speziellen die Industrie, im Parlament vertreten sein muss. Die Rahmenbedingungen sind entscheidend für den Erfolg des Werkplatzes Schweiz. Dafür möchte ich mich in Bern stark machen und selber mitbestimmen.

Stefan Brupbacher (Swissmem): Wir leben in einem einmaligen Land – was jeder weiss, der oft im Ausland ist. Deshalb gilt es, die Weichen richtig zu stellen: Wir müssen unser Land fit machen für die Digitalisierung, immun machen gegen Populismus und Protektionismus und vorbereiten auf eine aussenpolitisch härtere Welt. Wer stehen bleibt, fällt zurück und kann Wohlstand und Sicherheit nicht halten.

Pascal Streiff (Swissmem): Es braucht aus meiner Sicht mehr Nationalräte, welche die Interessen der Industrie vertreten und den Firmen den Freiraum für ihre Innovationen geben und gleichzeitig weitblickend die Nachhaltigkeit der natürlichen Ressourcen im Auge behalten. Wenn es der Schweizer Wirtschaft und der Umwelt gut geht, geht es uns allen gut.

Welches sind Ihre Kernthemen?

D. Arn: Ich fokussiere mich relativ stark auf die Themenbereiche Bildung und Finanzen.

Y. Berner: Ich würde drei Themengebiete hervorheben. Erstens unseren Werkplatz. Wir sollten in den Industrie- und Produktionsstandort Schweiz investieren. Zweitens unsere Kultur. Kultur als auch Sport sind ein wichtiges Bindeglied unserer Gesellschaft, sie gilt es entsprechend zu wahren und zu fördern. Drittens unsere Zukunft – wir sollen mit einer Stimme für alle Generationen sprechen.

S. Brupbacher: Primär ist mir die Sicherung unserer Arbeitsplätze sehr wichtig, damit jede und jeder einen guten Job hat. Dazu müssen wir mehr in unsere duale Bildung, lebenslange Weiterbildung bezüglich Digitalisierung investieren, die Offenheit für technologischen Fortschritt stärken und den Zugang für unsere Produkte zu ausländischen Märkten sichern.

P. Streiff: Ich setze mich für eine liberale Wirtschaftspolitik ein. Mir ist es wichtig, bürokratische Hürden auf ein Minimum zu beschränken und den freien Handel zu fördern. Aussenpolitisch setze ich mich dafür ein, dass die Schweiz die gleich langen Spiesse wie ihre internationalen Konkurrenten hat und wettbewerbsfähig bleiben kann. Dies über die Weiterentwicklung mit dem Verhältnis zur EU und den Ausbau von Freihandelsabkommen. Als Grünliberaler sind mir natürlich auch die Umweltbedingungen wichtig. Ich möchte meinen Kindern und Enkeln eine intakte Umwelt zurücklassen. Dazu müssen wir die Pariser Klimaziele erreichen und den Weg in der Schweiz weg von fossilen zu rein erneuerbaren Energien weisen. Die Schweiz darf international ruhig eine Vorreiterrolle übernehmen. Mit gezielten Investitionen in den Forschungsplatz Schweiz und dem vollständigen Marktzugang nach Europa kann die Schweiz zur Nummer 1 für saubere Technologien werden.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten wirtschaftspolitischen Themen, die den Werkplatz Schweiz betreffen und die umgesetzt werden müssten?

D. Arn: Wir müssen alles daran setzen, dass wir die heutige, relativ unkomplizierte Zusam menarbeit mit der EU fortsetzen können. Wir verdanken einen grossen Teil unseres Wohlstandes den EU-Märkten und wir dürfen diese Verbindungen nicht einfach kappen.

Y. Berner: Gute Beziehungen zur EU und einen privilegierten Zugang zum EU-Binnenmarkt sind essenziell für die Schweizer Exportindustrie und somit zu sichern. Hierfür gehören für mich die Sicherung der Bilateralen und das Rahmenabkommen dazu; dies aber klar ohne Beitritt in die EU.

S. Brupbacher: Weltweit wird Protektionismus wieder Mode. Mit einer Exportrate von 80% ist das für unsere KMU gefährlich. Aussenpolitisch braucht es ein noch stärkeres Engagement für Freihandelsabkommen mit den USA, Mercosur etc. sowie den raschen Abschluss des bilateralen Rahmenabkommens mit der EU. Innenpolitisch müssen wir unsere Infrastruktur (Stichwort 5G) und unsere Bildungs- und Innovationspolitik auf die Digitalisierung ausrichten.

P. Streiff: Es ist sicher die Beziehung zu Europa. 60% der Exporte gehen in die EU. Auch sonst sind wir mit den Grenzregionen eng verflochten, sei es wegen den Arbeitskräften, ohne die wir unsere hohen Ambitionen nicht umsetzen könnten, oder wegen der Zusammenarbeit mit den Fachhochschulen und damit auch dem Zugang für unsere Studenten über die Grenzen hinweg. Gute Rahmenbedingungen und der Ausbau der bilateralen Beziehungen sind wichtig für die Weiterentwicklung des Schweizer Werkplatzes. Dann brauchen wir gute Freihandelsabkommen, um unsere globale Wettbewerbsfähigkeit halten zu können. Ein zeitnahes Abkommen mit den USA und die baldige Ratifizierung des Abkommens mit dem Mercosur wäre sehr wichtig für die Schweiz.

Wie wollen Sie sich für den Werkplatz Schweiz konkret einsetzen?

D. Arn: Als Unternehmer unsere Grundtugenden einfliessen lassen: Das Geld muss zuerst verdient werden, bevor es ausgegeben werden kann. Und mich dafür einsetzen, dass die Prozesse (z. B. betreffend Behörden) beschleunigt werden. Vieles dauert viel zu lange und beschäftigt nur die Verwaltung. Wir müssen wieder lernen, schneller zu entscheiden und Verwaltungsleerläufe kappen.

Y. Berner: Ich werde mich in jeder Hinsicht für gute Rahmenbedingungen für unsere Schweizer Zulieferer- und Exportindustrie einsetzen. Dazu gehören für mich eine vernünftige Steuerpolitik, Bürokratieabbau und freier Personenverkehr, aber auch die Schaffung neuer und die Sicherung bisheriger Freihandelsabkommen mit unseren Haupt-Absatzmärkten, wie z. B. die USA, China, Japan u. v. m.

S. Brupbacher: Nötig ist Detailarbeit: Landwirtschaft und Gewerkschaften sind im Parlament stark vertreten – die Stimme der Industrie fehlt hingegen. Oben genannte Anliegen in Kommissionen einbringen ist ebenso wichtig, wie die Fraktion der eigenen Partei (FDP) auf die Anliegen der Industrie zu sensibilisieren.

P. Streiff: Indem ich mich für ein Rahmenabkommen und gute Beziehungen mit der EU einsetze und die Weiterentwicklung der Bilateralen fördere. Indem ich mich für weitere Freihandelsabkommen und den Ausbau bestehender einsetzen werde. Indem ich die Belange der Industrie in Bern einbringen und mich insbesondere für gute Bedingungen einsetzen werde. Die Energiestrategie 2050 sehe ich als Chance für Schweizer Unternehmen, in erneuerbaren Energien eine Vorreiterrolle übernehmen zu können. Projekte in diesem Sinne werde ich unterstützen.

Über welchen Background respektive welche Erfahrungen verfügen Sie?

D. Arn: Ich bin als Präsident der Sektion Bern/Bienne und Vizepräsident Schweiz seit Jahren sehr aktiv im Branchenverband Swissmechanic tätig und vertrete unsere Branche im Vorstand des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes. Politisch gehöre ich der FDP an und bin als Grossrat im Kantonsparlament tätig. Darüber hinaus präsidiere ich die SwissSkills 2020 in Bern.

Y. Berner: Aufgewachsen und als Marketingleiter arbeitend in unserem Familienunternehmen erlebe ich die Freuden und Sorgen der Industrie hautnah mit. Während meines Studiums konnte ich als Werkstudent stets wertvolle Erfahrungen im In- und Ausland sammeln und so von einer breiten und praxisnahen Ausbildung profitieren. Als Milizpolitiker engagiere ich mich aus vollster Überzeugung als Vizepräsident und Fraktionschef der FDP im Parlament der Kantonshauptstadt.

S. Brupbacher: Nach 20 Jahren Erfahrung in Bern u. a. als Generalsekretär der FDP und Generalsekretär des Eidg. Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung unter Bundesrat Schneider-Ammann kenne ich die Politmechanik und kann auch dank meiner Arbeit bei Swissmem eine glaubwürdige und erfolgreiche Stimme des Werkplatzes Schweiz in Bern sein

P. Streiff: Ich verfüge über eine technische Grundausbildung, gepaart mit einer betriebswirtschaftlichen Weiterbildung. Nach einem MBA-Abschluss habe ich den Verkauf und das Marketing bei zwei verschiedenen Firmen aus der Elektronik-Branche geleitet, bevor ich vor neun Jahren zu Swissmem gestossen bin. Hier stehe ich täglich mit Unternehmern in Kontakt und bin mit den Anliegen bestens vertraut