27.04.2012

Massgeschneidert für die Kleinteil-Bearbeitung

Die Traditions­Uhrenfabrik Junghans setzt in der mechanischen Kleinteile­Fertigung wieder auf eigenes Know­how: Mit einer kompakten Mikro­Fräsmaschine von Haas Automation für die Präzisionsbearbeitung filigraner Uhrwerksteile wurde die Tradition exquisiter Armbanduhren neu belebt.

Artikel: Technische Rundschau

Die Traditions­Uhrenfabrik Junghans setzt in der mechanischen Kleinteile­Fertigung wieder auf eigenes Know­how: Mit einer kompakten Mikro­Fräsmaschine von Haas Automation für die Präzisionsbearbeitung filigraner Uhrwerksteile wurde die Tradition exquisiter Armbanduhren neu belebt. (re) Kleine Teile sind in vielen Branchen gross im Kommen. Ein Paradebeispiel für die Präzisionsbearbeitung mechanischer Miniaturbauteile ist die Uhrenindustrie. Die Uhrenfabrik Junghans, ansässig in Schramberg im Schwarzwald, hatte sich 1976 komplett von der mechanischen Uhrenfertigung getrennt und sich auf selbst gefertigte Quarzwerke und die Funkuhr-Technik konzentriert. Nun wollte die Traditionsfirma Know-how und Technologie wieder in eigene Hände nehmen. Bei einem Zulieferer wurde Geschäftsführer Matthias Stotz auf die Mikro-Fräsmaschine OM-2 von Haas Automation aufmerksam. Zum günstigen reis/LeistungsVerhältnis kam der Vorteil der räumlichen Nähe zum zuständigen Maschinenlieferanten und «Haas Factory Outlet» (siehe Kasten), der Dreher AG in Denkingen (DE). Die Maschine (OM steht für Office Mill) ist in ihren Abmessungen so kompakt, dass sie problemlos und ohne Umbauten in die neugestalteten Fertigungsräumlichkeiten transportiert werden konnte und auch danach beliebig mobil einsetzbar ist. «Ihre Leistungsdaten», sagt Matthias Stotz, «sind völlig ausreichend für unser Einsatzgebiet, die Fertigung sehr kleiner Uhrwerksteile für mechanische Armbanduhren. Und durch die serienmässige Hochgeschwindigkeitsspindel, die mit bis zu 30 000 Umdrehungen pro Minute arbeitet, ist die Maschine sogar wie massgeschneidert für unsere Kleinteile-Bearbeitung.»

Toleranzen liegen bei 5 bis 8 µm

Die klassischen Werkstoffe der Uhrmacherei sind traditionell Messing und Stahl. Auf der kompakten Präzisionsmaschine wird heute eine Vielzahl filigraner Kleinteile für die Kaliber exquisiter und hochwertiger Armbanduhren gefertigt, darunter zweiseitig zu bearbeitende Messingteile wie Räderwerks-, Unruh- oder Kaliberbrücken. Hinzu kommen Verzahnungsteile aus Stahl wie Kron- oder  perrräder. Dabei kann etwa ein Kronrad mit Kron- und Stirnradverzahnung eine durchaus komplexe Geometrie aufweisen. Realisiert wird die Bearbeitung in der serienmässigen 4-Achsen-Ausführung der Maschine mit einem Teilapparat. Alle auf der Haas-Maschine produzierten hochpräzisen Teile werden anschliessend noch handwerklich nachbearbeitet oder «finissiert». «Das unterscheidet die Wertschöpfung in der anspruchs vollen Uhrmacherei vom allgemeinen Maschinenbau», erklärt Matthias Stotz. «Bei uns kommt es nicht auf die letzte Sekunde der Maschinenlaufzeit an. Bei uns stehen Qualität und Präzision im Vordergrund.» Uhrmacher  denken und arbeiten in Hundertstel-Dimensionen, dabei ist aber Genauigkeit allein gar nicht das Entscheidende, sondern die Miniaturisierung der Teile – und dies bei Toleranzen etwa für Räderwerksteile von 5 bis 8 µm. So hat beispielsweise das exquisite Modell «Erhard Junghans 2» eine «eigens entwickelte Unruh mit hauchdünnen Wandstärken und einer winzigen Schraube mit einem Gewinde von 0,3mm», führt Matthias Stotz aus. «Solche Dimensionen sind für eine mechanische Fertigung eine echte Herausforderung.» Besonderes Augenmerk verdienen die verwendeten Werkzeuge. Bei Miniaturfräsern in der Hochgeschwindigkeitsspindel mit Durchmessern «deutlich unter dem Millimeter» ist auch die Standzeit ein Thema. Häufig werden Hartmetallwerkzeuge verwendet, vorzugsweise marktübliche Standardprodukte. «Nur einige Spezialwerkzeuge machen wir selbst», merkt der Geschäftsführer an. Die Losgrössen der auf der Mikro-Fräsmaschine gefertigten Teile liegen derzeit zwischen etwa 15 und 20, doch geht es für Junghans bei der mechanischenFeinuhrmacherei «weniger um Stückzahldenken als um Entwicklung und Aufbau des eigenen Know-hows». Die 4-AchsenMaschine reiche für die derzeitige Produktion völlig aus. Hier wirft Martin Dreher, Vorstandsvorsitzender des Maschinenlieferanten Dreher, ein, dass eine fünfte Achse bei Bedarf jederzeit nachrüstbar sei: «Die Steuerung ist bereits ab Werk dafür ausgerichtet.»