23.04.2015

«Kostengünstig» rechnet sich

Artikel: Technische Rundschau

Nach Meinung der Firma Haas Automation profitieren Kunden, die in mehrere erschwingliche CNC­Werkzeugmaschinen statt in eine oder zwei High­End­Spezialmaschinen investieren, von einer höheren Flexibilität, einem niedrigeren Investitionsaufwand, reduzierten laufenden Kosten sowie letztlich von geringeren Stückkosten. Diese Auffassung wird von einer an der Technischen Universität (TU) Darmstadt durchgeführten Studie zur schlanken Produktion gestützt.

Die Studie unter dem Titel «Cellular Manufacturing to enable Lean Machining» wurde am Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) der TU Darmstadt erstellt. Sie zeigt, dass der Einsatz mehrerer preisgünstiger CNC-Werkzeugmaschinen zur Fertigung in Zellen gegenüber der Verwendung teurerer Spezialmaschinen in Done-in-oneKonfiguration wesentliche Vorteile bietet. Das Forschungskonzept beruhte auf der Annahme, dass die Prinzipien der schlanken Produktion in gängigen Bearbeitungsabläufen von Fertigungsunternehmen jeder Grösse nicht umgesetzt wurden. In der Montage und Prozesssteuerung, insbesondere bei der Serienfertigung im Automobilsektor, findet das Fliessprinzip als zentrale Komponente der schlanken Produktion bereits umfassend Anwendung. Jedoch wird es in der maschinellen Bearbeitung noch nicht häufig mit Erfolg durchgesetzt und ist in Europa generell nur selten anzutreffen. Bei der Zellenfertigung geht es im Prinzip darum, heterogene Anlagen, in diesem Fall CNCWerkzeugmaschinen, zu Gruppen zusammenzufassen, um eine Familie oder Gruppe ähnlicher Teile zu fertigen. Bei diesem Konzept werden die Maschinen für gewöhnlich in U-Form angeordnet, um den Fluss der zu bearbeitenden Teile synchron zur Taktzeit zu steuern, also zur durchschnittlichen Produktionszeit, die benötigt wird, um den Bedarf des Kunden zu erfüllen. Um die potenziellen Vorteile nachzuweisen, wurden an der Prozesslernfabrik CiP des PTW eine Referenz-Produktionslinie in Zellenkonfiguration aufgebaut. Die Done-in-one-Linie umfasste zwei hochspezialisierte Werkzeugmaschinen, ein horizontales  CNCBearbeitungszentrum mit vier Achsen und Spannwürfel sowie ein automatisches CNC-Mehrachsen Drehzentrum. Die konkurrierende Linie wurde als Bearbeitungszelle eingerichtet. Sie bestand aus zwei 3-Achsen-Bearbeitungszentren des Typs Super Mini Mill 2 sowie einer 2-Achsen-CNC-Drehmaschine des Typs SL-10 – beide von Haas– sowie aus zwei universellen CNC-Bearbeitungszentren und einer CNC-Drehmaschine eines anderen Herstellers. In der Studie wird festgestellt, dass sich die Investition für die beiden Maschinen in der Done-in-one-Linie auf insgesamt 780000Euro belief, während die sechs CNC-Werkzeugmaschinen in der Bearbeitungszelle 340000Euro kosteten.

Deutlicher Unterschied bei den Rüstzeiten

Der Vergleich der Wirtschaftlichkeit der beiden Konfigurationen auf Basis von 2000 Teilen pro Woche und einem Bediener an jeder Fertigungslinie ergab erstaunliche Ergebnisse: Die Done-in-one-Linie benötigte 15 Schichten, um die 2000 Teile zu fertigen. Die Rüstzeit betrug 35 min, während die Stückkosten der einzelnen Teile ohne Material mit 3,95Euro errechnet wurden. Bei der Zellenkonfiguration waren nur 12,6 Schichten erforderlich, um die 2000 Teile nach gleichen Spezifikationen fertigzustellen. Die Rüstzeit betrug 10min und die Stückkosten 2,55Euro. In einem alternativen Szenario mit zwei Arbeitern in der Bearbeitungszelle stiegen die Stückkosten, bedingt durch die zusätzlichen Arbeitskosten, geringfügig auf 3,10Euro an. Damit lagen sie aber immer noch deutlich unter den 3,95Euro der Done-in-one-Linie. Dafür verkürzten sich die Schichten von 12,6 auf 9,8 und die Rüstzeit von 10 auf 7min. Bei einem Kapazitätsvergleich auf Grundlage von 15 Schichten produziert die Done-in-one-Linie 2000 Teile, die Zelle mit einem Arbeiter 2377 Teile – was ein Mehr von 19 Prozent bedeutet – und die Zelle mit zwei Arbeitern 3064 Teile, was einem Plus von 29 Prozent entspricht. In allen Fällen stellte die Studie sicher, dass die geforderte Genauigkeit und Qualität der Teile gewährleistet waren, und dass die preiswerteren universellen Maschinen in der Lage waren, einen ähnlich hohen Standard zu produzieren wie die Spezialmaschinen. Beim Vergleich der beiden Konzepte könnten auch die zukünftigen Kosten mitberücksichtigt werden: Falls die Produktionslinie vergrössert werden müsste, wären die Kosten für die Einbindung einer neuen Maschine in die Zellenlösung aufgrund des grossen Unterschieds in den Anschaffungskosten erheblich geringer als bei der Done-in-oneLinie.